„U 977“ – Das Buch zum U-Boot

Jeder U-Boot-Fan oder Subsimmer kennt den allgemeinen Kanon der U-Boot-Filme und -Bücher: Die Klassiker „Das Boot“ von Lothar-Günter Buchheim und „Jagd auf Roter Oktober“ von Tom Clancy; „Crimson Tide“, das Sachbuch „Blind Man's Bluff“. Durch puren Zufall bin ich neulich über ein weiteres Kleinod der U-Boot-Literatur gestolpert: „U 977 – Geheimfahrt nach Südamerika“.

Das Buch „U 977 – Geheimfahrt nach Südamerika“ von Heinz Schaeffer stammt aus dem Jahre 1950. Der Autor war Kommandant auf dem Boot U 977, und im Zweiten Weltkrieg fast von Beginn an auf Seiten der Deutschen Marine am U-Boot-Krieg beteiligt. Dementsprechend hat Schaeffer mit dem Buch seine Memoiren verfasst, dessen Vorlage sein persönliches Kriegstagebuch war.

Inhalt

Schaeffer berichtet eindrucksvoll über den Verlauf des U-Boot-Kriegs aus seiner persönlichen Sicht. Beginnend mit der anfänglichen Überlegenheit, bei dem die Boote ungestraft auf dem Atlantik wildern und Unmengen an Tonnage versenken konnten, bis zu der Phase, in der die U-Boote unbarmherzig gejagt und erfolgreich versenkt wurden.

Die Nacht steht günstig für uns, mondlos, finster. Mitten drin im Geleitzug stehen wir. Die Rechenanlage ist eingeschaltet, Mündungsklappen sind aufgedreht und es bedarf nur des leichten Fingerdruckes auf den Abfeuerschalter.

Heinz Schaeffer: „U 977 – Geheimfahrt nach Südamerika

Schaeffer zeichnet von seiner Kindheit über die Ausbildung bis zum Kriegseinsatz und der Flucht nach Argentinien ein eindrucksvolles, nautisches Zeitbild. Anekdoten über das Leben an Bord eines U-Bootes, Heimatbesuche und Familienszenen wechseln sich ab mit technischen, taktischen und strategische Erklärungen. Alles in allem gewährt das Buch ganz unabhängig von dem namensgebenden U 977 einen sehr umfassender Blick auf das Leben eines U-Boot-Offiziers im Zweiten Weltkrieg.

Das Buch schließt mit der Flucht der Besatzung an Bord von U 977 von Norwegen bis nach Argentinien — eine für die damalige Zeit technisch wie menschlich herausragende Leistung.

Stil

Schaeffers Schreibstil ist im Ton der damaligen Zeit. Kurze, zackige Sätze, gerne auch ohne Verben. Gerade deswegen entwickelt das Buch eine mitreißende Geschwindigkeit. Dazu verwendet er viel Jargon, mit dem das eigentümliche Gefühl entsteht, dass der Autor direkt neben einem sitzt und vom Krieg erzählt.

Das hat auch seine Nachteile. Einige Absätze muss man zwei Mal lesen, um den Handlungsablauf zu verstehen. Manchmal wird in der Zeit gesprungen, oder sich mitten in einem Kapitel in einem technischen Details verbissen. Langweilig oder schwer verständlich wird es aber nie.

Dies ist der wahre Krieg, nicht der Krieg der Filmstreifen mit schmetternder Musik und wehenden Fahnen; nein, der Krieg der Wirklichkeit, der Entbehrung und Qualen, aber auch der Selbstbeherrschung und Pflichterfüllung.

Heinz Schaeffer: „U 977 – Geheimfahrt nach Südamerika

Aus heutiger Sicht ist Schaeffer klar erkennbar ein Kind seiner Zeit, und geprägt durch seinen Beruf. Immer wieder schimmert die Art von Pathos durch, der in dieser Zeit gelebt wurde — eine Härte gegen sich, die Kameraden, den Feind. Das gleitet zum Glück niemals vollends ab. Politische oder moralische Betrachtungen bleiben aber weitgehend außen vor — der Tod von Gegnern oder Kameraden ist halt der Lauf der Welt.

Fazit

Meiner Meinung nach ist Schaeffer wenn nicht vom handwerklichen, dann auf jeden Fall vom inhaltlichen ein eindrucksvolles Buch über die U-Boot-Fahrerei gelungen. Der Stil ist gewöhnungsbedürftig, aber auch außerhalb der interessanten Welt der U-Boot-Fahrerei schafft es Schaeffer, ein spannendes, mitreißendes Buch zu schreiben. Immer wieder ertappt man sich dabei, noch schnell ein paar Seiten weiterzulesen, um herauszufinden, wie sich das Boot aus der einen oder anderen brenzligen Situation herauslaviert.