Selbst wenn ihr Erfahrung mit zivilen Flugsimulatoren oder auch militärischen Simulatoren mit kontemporären Kampfflugzeugen habt, ist das Fliegen von Jagdflugzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg eine ganz andere Erfahrung. Höchste Zeit für eine kleine Einführung in den Simulator IL-2 Sturmovik: Great Battles.

Während moderne Flugzeuge euch viel aerodynamische Denkarbeit abnehmen, sind Warbirds des Zweiten Weltkriegs in einem aerodynamischen und technologischen Bereich gebaut, der im Gegensatz zu modernen Flugzeugen dem Piloten viel Hintergrundwissen abverlangt.

Wir reden nicht über Flugspiele wie War Thunder oder World of Warplanes mit ihren einfachen Flugmodellen – wir widmen uns heute Flugsimulatoren wie IL-2 Sturmovik: Great Battles oder dem Digital Combat Simulator und ihrer Simulation von Flugzeugen und Bombern aus dem Zweiten Weltkrieg.

Folgt mir also auf einem Einsteiger- bzw. Umsteiger-Tutorial in die Welt der Jagdfliegerei des Zweiten Weltkriegs – in diesem Fall am Beispiel von IL-2 Sturmovik: Great Battles. Der grobe Plan dafür sieht wie folgt aus:

  1. Ein Flugzeugmuster auswählen und verstehen
  2. Die benötigten Kontrollen konfigurieren
  3. Platzrunden üben
  4. Bodenangriffe üben
  5. Luftkämpfe üben

Gute Einführungen und Tutorials zu diesem Thema stellt dabei die Air Combat Tutorial Library mit ihrer Sammlung von Playlists zur Verfügung. Im Rahmen dieses Artikel werden wir immer wieder auf Tutorials aus diesem Fundus zurückgreifen.

Lern' dein Flugzeug kennen

Gerade am Boden ist es von Flugzeugtyp zu Flugzeugtyp sehr unterschiedlich, wie Fahrwerkbremsen oder die Verriegelung des Heckrades gelöst werden. Aber auch in der Luft funktionieren bestimmte Flugzeugmuster teilweise deutlich anders. Für Jagdflugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg lohnt es sich noch mehr als für kontemporäre Flugzeuge, für jedes Flugzeugmuster seine jeweiligen Eigenheiten zu kennen und zu verstehen. In IL-2 gibt es eine schriftliche Einführung vor jeder Missionsbesprechung unter dem Punkt „Spezifikationen“.

Interessante Eigenheiten von einigen Mustern sind zum Beispiel:

Supermarine Spitfire
Hier gibt es nur eine zentrale Radbremse, deren Wirkung mit den Rudern gesteuert wird.
Focke-Wulf Fw190
Das Heckrad wird arretiert, indem der Steuerknüppel zurück gezogen wird.
Deutsche Jagdflugzeuge
Bei allen Mustern gibt es eine automatische Propeller-Verstellung.

Bei IL-2 gibt es für Ein- und Umsteiger freundlicherweise jede Menge Assistenten, die euch Details wie das Management eures Motors abnehmen. Trotzdem sollte man die jeweiligen Eigenheiten seines Flugzeugs unbedingt verstehen.

…und belege deine Tasten weise

Mit diesem Wissen kann die Einrichtung von Joystick, Schubkontrolle und Ruderpedale in Ruhe durchgeführt werden. Gerade VR-Piloten werden ein gut konfiguriertes HOTAS-System zu schätzen wissen, da sie die Tastatur nicht sehen können.

Um die Zahl eurer belegbaren Tasten auf Joystick und Schubkontrolle zu erhöhen, erlaubt euch IL-2 wie auch DCS eine Mehrfachbelegung eurer Knöpfe bei gedrückter Shift-, Alt- oder Ctrl-Taste – diese Tasten werden „Modifier“ genannt. In DCS sind sogar Joystick-Knöpfe als Modifier erlaubt, in IL-2 muss man dafür die Datei data/input/current.actions mit einem Text-Editor händisch bearbeiten.

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canopy_open_close,           key_lcontrol+joy1_b14,       0|
canopy_open_close,           joy0_b3+joy1_b14,            0|

In IL-2 gibt es im Gegensatz zu DCS keine flugzeugspezifische Controller-Belegung – und leider auch keine Mausbedienung im Cockpit. Hier hilft ein Blick in die Auflistung der flugzeugspezifischen Kontrollen in IL-2, um die für jeden Flugzeugtyp notwendigen Kommandos herauszufinden.

Die erste Platzrunde

Der erste Flug in einem Warbird ist ein aufregendes Erlebnis. Selbst wenn ihr genug Erfahrung mit modernen Jets und Propellerflugzeugen habt, solltet ihr vorher etwas Zeit in die Vorbereitung eures Flugs investieren. Euer erster Flug sollte in Ruhe über freundlichem Gebiet bei gutem Wetter stattfinden, und nicht gleich über die feindlichen Linien hinausgehen. Euer erster Auftrag ist also eine einfach Platzrunde.

Eine große Hilfe ist der YouTube-Kanal von The Air Combat Tutorial Library. Hier gibt es eine Einführung in so ziemlich jedes Flugzeugmuster von IL-2 Sturmovik: Great Battles. Dabei sind die einzelnen Videos noch zu praktischen Playlists zusammengefasst, wie zum Beispiel die Playlist für alle Flugzeuge des IL-2-DLCs Battle of Bodenplatte.

Nebenbei solltet ihr auch das Navigieren ohne Hilfe üben – im Zweiten Weltkrieg steckte die Instrumentennavigation noch in den Kinderschuhen, so dass viel nach Kompass, Karte und Uhr geflogen werden musste.

Um sich mit dem jeweiligen Flugzeug vertraut zu machen, war mein Fahrplan für dieses Abschnitt:

  1. Start von der Startbahn, Platzrunde, Landung bei gutem Wetter
  2. Start von der Startbahn, Platzrunde, Landung bei gutem Wetter und Dämmerung
  3. Start von der Startbahn, Platzrunde, Landung bei schlechtem Wetter (gerne auch Seitenwind)
  4. Cold & dark vom Abstellplatz starten, Rollen auf die Startbahn und eine anschließende Platzrunde
  5. Streckenflug von Platz A nach Platz B, inklusive Grundlagen der Sicht-Navigation.

Nachdem ihr eure Starts und Landungen perfektioniert und Navigationskenntnisse aufgefrischt habt, können wir auf Feindflug gehen.

(Boden-)Ziele braucht der Mensch

Der Einsatz der Bordbewaffnung eines WW2-Jagdflugzeugs ist deutlich komplexer als bei kontemporären Kampfjets. Ist man in modernen Kampfflugzeugen den Einsatz von zielsuchenden Lenkwaffen gewöhnt, oder kriegt für ungelenkte Waffen in sein Head-up-Display präzise Informationen zum theoretischen Trefferpunkt eingeblendet, sind Jagdflugzeuge der alten Schule mit einfachen Reflexvisieren ausgestattet – in den seltensten Fällen mit einem Gyroskop-Visier mit einer einfachen Berechnung der potenziellen Flugbahn in Abhängigkeit der eigenen Fluglage.

Das bedeutet, dass der Pilot selber den Vorhalt berechnen muss, um ein Ziel anzugreifen. Faktoren wie die Entfernung zum Ziel, die eigene Bewegungsrichtung sowie die Bewegung des Ziels machen den Einsatz der Bordbewaffnung zu einem Anwendungsbeispiel von Physik und Augenmaß.

Um eine Variable aus dieser Rechnung herauszunehmen, üben wir zuerst gegen Bodenziele. Diese bewegen sich in der Regel so langsam, dass wir uns auf die Zusammenhänge zwischen Reichweite und Trefferpunkt konzentrieren können. So kann man in Ruhe das Verhalten von Maschinengewehren und -kanonen ausprobieren. Optional kann auch der Einsatz von ungelenkten Raketen geübt werden.

Eine sehr wichtige Taste ist übrigens die Taste zum temporären Reinzoomen. Im Zielanflug (oder bei der Suche nach Zielen) könnt ihr euch so kurzzeitig Visier und Ziel bildschirmfüllend näher holen. Dieser Knopf funktioniert sogar in Virtual Reality oder mit einem Head-Tracker, obwohl hier eine gewisse Übung erforderlich ist, um den Kopf dann hinreichend stillzuhalten. In VR bzw. mit einem Head-Tracker habt ihr aber natürlich auch die Option, euren Kopf nahe an das Visier zu halten, um besser zielen zu können.

Sobald ihr in diesem Feld eine gewisse Erfolgsquote habt (und nicht mehr aufgrund Zielfixierung in den Boden kracht), seid ihr bereit für den Luftkampf.

Luftkampfmanöver

Nachdem ihr euch Selbstvertrauen beim Angriff auf unbewegliche Ziele geholt habt, wird es Zeit für die Kür: Das Gefecht gegen andere Jagdflugzeuge – bekannt aus Filmen wie Dunkirk, Die Luftschlacht um England (Battle of Britain) oder auch Dark Blue World. Hier stellt die Air Combat Tutorial Library eine umfangreiche Playlist mit Luftkampfmanöver-Tutorials zur Verfügung.

Hier sind tatsächlich echte Augenöffner verborgen, die euch physikalische Zusammenhänge und ihre Übersetzung in Manöver erlauben. Während in Flugspielen derjenige den Luftkampf gewinnt, der am heftigsten am Joystick zerrt, wird bei einem echten Simulator schnell klar, dass Jagdfliegerei mit einem schlauen Ausspielen oder dem smarten Tausch der eigenen Vorteile zusammenhängt.

In meinem Fall habe ich mich wie folgt an Luftkämpfe herangetastet:

  1. Zweikampf gegen eine unbewaffnete Transportmaschine: Bestandteil der Übung ist es, möglichst lange hinter dem Gegner zu bleiben. Der eigentliche Abschuss ist hier gar nicht so wichtig.
  2. Zweikampf gegen einen Bomber: Durch die Verteidigung des Bombers und seine bessere Beweglichkeit kommt mehr Würze in die Übung. Spannend ist hier die Einschätzung der richtigen Annäherungsgeschwindigkeit und des richtigen Winkels.
  3. Zweikampf gegen eine veraltete Jagdmaschine und einen unerfahrenen Piloten
  4. Zweikampf gegen eine aktuelle Jagdmaschine und einen unerfahrenen Piloten
  5. Zweikampf gegen eine aktuelle Jagdmaschine und einen erfahrenen Piloten – nicht notwendigerweise ein Fliegerass.
  6. Teilnahme an einem Staffelgefecht: Mischungen aus zwei gegen zwei, vier gegen vier und jeder beliebigen Konstellation dazwischen schulen eure Fähigkeiten, in verworrenen Situationen die Übersicht zu behalten, und auch während eures Angriffs nicht die Umgebung aus dem Blick zu lassen.

Worauf euch diese Übungen nicht vorbereiten ist einerseits der Formationsflug, andererseits die Tatsache, dass im späteren Geschehen die Erkennung und Unterscheidung von Flugzeugen wichtig wird. Beides lässt sich schlussendlich nur innerhalb von echten Missionen üben.

Fazit

Die Jagdfliegerei zur Zeit des Zweiten Weltkriegs ist vom Fliegerischen deutlich herausfordernder als das Steuern aktueller Jets oder Propellerflugzeuge. Mit diesem kleinen Tutorial habt ihr einen Fahrplan, mit dem ihr euch der herausfordernden Aufgabe stellen könnt.


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