„Dangerous Waters“, der bisherige Platzhirsch unter den kontemporären U-Boot-Simulationen, hat mit „Cold Waters“ einen ernsthaften Konkurrenten erhalten. Wie schlägt sich der Neuling im Vergleich zu „Dangerous Waters“?

Gleich vorweg: Beide Subsims unterscheiden sich von vorne herein in ihrem Anspruch. Während „Dangerous Waters“ (DW) von Sonalysts eher eine klassische Simulation eines U-Boots und aller seiner Stationen an Bord ist, hat „Cold Waters“ (CW) eher den Anspruch, eine taktische Simulation und gutes Spiel zu sein. Der Unterschied liegt in der Detailtiefe, die beide Simulationen umzusetzen versuchen, und der Präsentation.

Dementsprechend wird bei „Cold Waters“ im Unterschied zu „Dangerous Waters“ die Target Motion Analysis via Sonar stark vereinfacht. Während man bei DW aus dem Hintergrundlärm erst seine Ziele herausfiltern muss, um dann anhand von Schraubenumdrehungen und Bewegungsvektoren Geschwindigkeit und Kurz zu berechnen, vereinfacht CW diesen Punkt stark. Dabei ist die TMA einer der spannenden Punkte bei der U-Boot-Fahrerei.

Ebenfalls vereinfacht ist das Gefechtsumfeld bei CW: Bei DW gibt auch Missionen, die mit komplexen Startbedingungen oder auch ganz ohne feindliche Kontakte auskommen, während bei CW immer Feindkontakt besteht, dann und wann angereichert um zivile Einheiten oder Wale. Dafür hat CW einen Missionsgenerator, der unbegrenzt viele zufällige Missionen erzeugt.

Ebenfalls nicht in CW realisiert sind durch den Spieler steuerbare ASW-Einheiten wie Hubschrauber oder Schiffe. Gerade in einem Multiplayer-Gefecht ist diese Typenkombination in DW sehr spannend – CW hat gar kein Multiplayer.

Der Mangel an steuerbaren Einheiten in CW ist nur zum Teil durch Mods abgestellt worden. Im Basis-Spiel muss man sich in CW mit US-U-Booten der 80er- und 60er-Jahre zufriedengeben, sowie einigen russischen und chinesischen U-Booten für Einzelmissionen. Diesel-elektrische U-Boote, Schiffe oder ASW-Hubschrauber und -Flugzeuge können in CW nicht gesteuert werden.

Treffer, versenkt?

Nach dieser nicht unerheblichen Liste an Features, die der Neuling nicht hat, stellt sich berechtigt die Frage, warum man als Subsimmer trotzdem auf „Cold Waters“ ein Auge werfen sollte.

In beiden Simulationen wird mit viel Liebe zum Detail die Unterwasserakustik wie auch die Unterwasser-Physik simuliert. Auch der Einsatz von Unterwasser-Waffen, das Ausweichen vor der Erfassung durch den Feind, und die taktische Tiefe ist vergleichbar.

Identisch gelöst ist auch bei beiden Simulationen die 3d-Ansicht, in der nur zuverlässig aufgeklärte Einheiten sichtbar sind.

Tatsächlich gibt es viele Punkte bei „Cold Waters“, die man in „Dangerous Waters“ möglicherweise schon lange vermisst hat:

So ist vor allen Dingen die geringe Komplexität auch ein großes Plus von CW. Für den Freizeit-Kapitän ist nach nur zwei Stunden Einarbeitung eine passable Performance möglich. Außerdem lädt CW zu einer schnellen Runde nach dem Feierabend ein, während man in DW sich immer wieder versucht daran zu erinnern, wie eine TMA denn nun genau funktioniert.

Dazu kommt eine überragende Langzeitmotivation in Form von dynamischen Kampagnen. Die zufälligen Missionen und ihr Ausgang erzeugen für den Spieler nachvollziehbare Auswirkungen auf die Gesamtlage – die eigenen Aktionen bekommen eine Relevanz, und das eigene U-Boot (mit seiner Bewaffnung und Beschädigungen), seine Crew, sein Aufenthaltsort sowie ihr als sein Kapitän bekommen ein Gesicht. Auch das strategische Minispiel mit der Jagd nach dem richtigen feindlichen Verband erzeugen eine unheimliche Spannung. Über diese Form der Motivation verfügt DW nicht.

Gerade die Atmosphäre des Kalten Krieges fängt „Cold Waters“ hervorragend ein. Zeitungsartikel informieren über den Fortgang der Kampagne, eine stimmige Hintergrundmusik und -geräusche tragen das ihre dazu bei. Bei DW herrscht dort eher die Nüchternheit einer Tabellenkalkulation.

Nicht zuletzt ist die Grafik von „Cold Waters“ deutlich schöner und atmosphärischer als bei DW. Da DW aus dem Jahre 2005 stammt, nutzt CW die zusätzlichen 12 Jahre für eine deutlich bessere Darstellung auf aktueller Hardware – nicht zuletzt durch die Möglichkeit, aktuelle Monitorauflösungen zu verwenden.

Fazit „Cold Waters“ vs. „Dangerous Waters“

Meiner Meinung nach haben beide Simulationen ihre Berechtigung. Für eine schnelle Runde zwischendurch wie auch eine langfristig motivierende Kampagne bevorzuge ich ganz klar „Cold Waters“.

Die spannende Aufgabe der Target Motion Analysis wird leider nie ihren Einzug bei „Cold Waters“ haben. Dafür werden auch Spieler mit weniger Zeitbudget schneller auf ihre Kosten kommen.

Multi-Player fehlt leider in „Cold Waters“, genauso wie Kampagnen für andere Nationen. Das ändert nichts daran, dass „Cold Waters“ immer herausfordernd und mit jeder Mission neu ist.

So oder so sollte jeder Subsimmer „Cold Waters“ in seiner Sammlung haben – nicht zuletzt, um das Genre am Leben zu halten.

Update: Da seit 2017 Unmengen an kostenlosen Erweiterungen und Patches erschienen sind, inzwischen aber keinerlei Weiterentwicklung mehr zu beobachten ist, wurde diese Rezension um den aktuellen Zustand erweitert.

Bewertung: 4/5


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